Ich sitze gerade mit einem Glas Rotwein auf der Couch. „Oh je,“ wird da der eine oder andere denken, „Alkohol ist doch nicht gut für die Gesundheit.“ Das ist richtig. Wenn man es jedoch genau betrachtet, ist es nicht gut für die Gesundheit, überhaupt am Leben zu sein, denn die Reise endet in jedem Fall mit dem Tod. Natürlich ist es wichtig, gut auf sich und seine Gesundheit zu achten, schließlich wollen wir ja alle gesund das Zeitliche segnen. Sterben werden wir aber auf jeden Fall und wenn schon offensichtlich das „Ziel“ nicht das Ziel ist, dann muss logischerweise, der WEG das Ziel sein. Anders ausgedrückt: Wie verbringen wir die Zeit, bevor wir sterben?
Ich bin wirklich ein Freund einer gesunden Lebensweise – nicht nur körperlich betrachtet, sondern insbesondere auch emotional und seelisch. Das ist einer der Gründe, warum ich mich mit Essenzen beschäftige, sind sie doch ein hervorragendes Werkzeug, um für Gesundheit auf emotionaler, mentaler und seelischer Ebene zu sorgen, damit der Körper es ebenfalls leichter hat, gesund zu bleiben oder wieder zu werden.
Sicherheit um jeden Preis?
Ich beobachte jedoch ebenfalls, dass der Drang, ein möglichst gesundes und sicheres Leben zu führen, in vielen Bereichen in den letzten Jahren ein Niveau erreicht hat, das man fast als zwanghaft bezeichnen kann. Das ist auch nicht verwunderlich, denn in den Medien und insbesondere in der Werbung hören wir ja quasi nichts anderes mehr, beispielsweise wenn es um Lebensmittel geht. Früher haben die auch immer mal wieder das Wort „Genuss“ benutzt …
Vor kurzem hat mir jemand erzählt, dass der übermäßige Verzehr von Rapsöl sich negativ auf die Gesundheit des Herzens auswirkt, das hätte diese Person gelesen. Meine Reaktion darauf war leicht genervt, aber nicht wegen des Rapsöls allein, sondern mehr wegen all der „Ernährungsweisheiten“, die ich mir über die Jahre schon anhören musste. Eine Zeit lang heißt es, Eier sind schlecht, dann sind Eier wieder eine hervorragende Proteinquelle. Fett macht dick, bis es dann auf einmal wunderbar zum Abnehmen geeignet ist, weil es länger sättigt. Ist ein Glas Rotwein am Abend wegen der Tannine nun gesund oder bringt mich der Alkohol trotz der geringen Menge schleichend um? Glaubt man den Medien, ist beides wahr, allerdings immer nur für ein paar Jahre und immer im Wechsel.
Hauptsache es schmeckt
Ich habe es irgendwann aufgegeben, mir Gedanken über das zu machen, was als die neuesten Erkenntnisse oder Trends in Sachen Ernährungswissenschaft verkauft werden. Meine Quintessenz aus inzwischen 50 Jahren angewandter Ernährung ist: Abwechslungsreich muss es sein, schmecken muss es und solange nicht aus der Tüte oder dem Schnellrestaurant kommt und halbwegs ausreichend Vitamine enthält, bringt es mich nicht nur nicht um, sondern hält mich bis dato auch gesund. Ich bin davon überzeugt, dass es langfristig gesehen gesünder ist, ab und zu ein gutes Rumpsteak mit Genuss zu essen, als sich zwanghaft und ängstlich alles zu versagen, was potenziell ungesund sein könnte.
Wo wir gerade bei Geständnissen sind: Ich bin bekennender Nicht-Helmträger auf dem Fahrrad und ja, ich bin mir der Tatsache bewusst, dass Fahrradfahrer in Unfälle verwickelt werden. Abgesehen von der Tatsache, dass es auch Studien gibt, die zeigen, dass Radfahrer mit Helm unbewusst riskanter fahren und deshalb öfter Unfälle haben, stellt sich mir die Frage nach der Verhältnismäßigkeit im Alltag.
Mit der Ritterrüstung aufs Fahrrad
Ich habe einen Fahrradhelm getragen, als ich mit dem Mountainbike in den Alpen unterwegs war. Das erschien mir in Bezug auf das Risiko, das ich dort eingegangen bin, sinnvoll. Die Frage ist letztlich jedoch immer: Wo fängt man an und wo hört man auf? Reicht der normale Fahrradhelm oder brauche ich einen mit Kinnschutz? Und was ist mit meinen Knien? Und den Ellenbogen? Nicht zu vergessen die Wirbelsäule, die man sich auf dem Fahrrad auch böse verletzen kann. Darf ich also nur noch mit Ritterrüstung aufs Fahrrad?
Ich weiß – auch im regulären Straßenverkehr passieren Unfälle, das ist richtig. Ich habe mich jedoch entschieden, dass ich bereit bin das Risiko zu tragen und ohne Helm zu fahren. Und wenn jemand anderes für sich eine andere Entscheidung trifft, dann kann ich gut damit leben. Grantig werde ich allerdings, wenn ich einen gut gepolsterten Radler mit Warnweste sehe, der zwar leuchtet und blinkt wie ein Christbaum, aber so offensichtlich unachtsam, riskant und manchmal sogar rücksichtslos durch die Stadt fährt, dass mir die Haare zu Berge stehen. Aber gut – Hauptsache der Helm sitzt.
Das Leben ist gefährlich und endet immer tödlich
Es gibt in der Juristerei den Begriff des „allgemeinen Lebensrisikos“ und der gefällt mir recht gut. Das Leben ist halt, wie schon zu Beginn gesagt, gefährlich und letztlich immer tödlich. So gut die Sicherheitsvorkehrungen auch sind, so vollständig man auch versichert ist und wie vorsichtig man sich auch verhält: Shit happens – Dinge geschehen. Um nicht als Nihilist dazustehen, muss ich selbstverständlich ergänzen, dass es auf der anderen Seite auch sehr sinnvoll ist, mit einem gewissen Weitblick und einer großen Portion Augenmaß Vorsorge zu betreiben. Schließlich ist es auch kein Spaß, wenn einen jedes Schlagloch im Leben aus der Bahn wirft. Es ist jedoch letztlich immer die Frage nach der Verhältnismäßigkeit, die es zu stellen gilt.
Ich persönlich habe mich schon vor vielen Jahren entschieden, mich nicht kirre machen zu lassen und in dem Bewusstsein, dass das Leben inhärent gefährlich ist, dem Genuss, der Lebensfreude und der Alltagstauglichkeit einen festen Platz in meiner Entscheidungsfindung zu geben. Dafür bin ich gerne bereit, eine Reihe von in meinen Augen halbwegs kalkulierbaren Risiken in Kauf zu nehmen.
Risikoabwägung ist sinnvoll
Mit meiner Kolumne möchte ich sie nicht dazu anstiften, unvernünftig und leichtsinnig zu sein. Aber vielleicht gibt es ja die ein oder andere Sache, die sie aus Angst tun, deren Nutzen angesichts des tatsächlichen Risikos bei näherer Betrachtung aber fraglich ist. Wussten Sie, das beispielsweise im Jahr 2014 deutlich mehr Fußgänger im Straßenverkehr gestorben sind als Radfahrer? Oder dass das Risiko, vom Blitz getroffen zu werden (1:20.000.000 pro Jahr), etwa fünfmal höher ist, als im Straßenverkehr auf dem Fahrrad einen tödlichen Unfall zu erleiden (0,7:100.000.000 pro Personenkilometer)? Es ist übrigens auch viel wahrscheinlicher, dass sie einen Sechser im Lotto haben (1:15.537.573), als dass Sie im Straßenverkehr sterben – vorausgesetzt natürlich, Sie spielen überhaupt 😉.
Ich persönlich versuche immer abzuwägen, wie wahrscheinlich es ist, dass ein negatives Ereignis eintritt, bevor ich entscheide, welche Vorsichtsmaßnahmen ich treffe. Ansonsten müsste ich ernsthaft darüber nachdenken, mich gegen eine Klobrille zu schützen, die durch einen Defekt in der Raumstation ISS auf die Erde stürzt und mich erschlägt. Ein absurder Gedanke, der jedoch gleichzeitig der Start der mehr als sehenswerten Serie „Dead like me – so gut wie tot“ ist.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen wunderbaren Start ins neue Jahr mit viel Gesundheit, Freude und Erfolg.
Liebe Grüße aus Aschaffenburg
Carsten Sann
Der Essenzenladen