In den sozialen Medien oder in WhatsApp Storys findet man jeden Tag Posts mit Sinnsprüchen wie „Gibt Dir das Leben Zitronen, dann mach Limonade daraus“. Die Intention dahinter ist durchaus positiv, dennoch bin ich gelegentlich davon genervt. Denn allzu oft tun das Menschen, von denen ich weiß, dass Sie im echten Leben ziemlich genau das Gegenteil von dem machen, was Sie da kundtun. Klar – kluge Sprüche und gute Absichten sind ja auch viel einfacher und bequemer, als deren Umsetzung im RL („Real Life“, dem echten Leben).
Dieses Prinzip gibt es jedoch nicht erst seit die Menschen Facebook, Instagram und Twitter nutzen. Die guten alten Vorsätze an Silvester für das jeweilige neue Jahr sind die analoge Entsprechung der wohligen Wellnesssprüche, mit denen man heutzutage online regelmäßig überflutet wird.
Über die Herstellung von Limonade …
Dabei ist an den Sprüchen selbst oft viel Wahres. Gerade der mit den Zitronen ist hilfreich, wenn es denn gelingt, ihn umzusetzen. Ich bin aktuell in einer Situation, in der ich mit eben diesen metaphorischen Zitrusfrüchten zu tun habe und das Folgende mag, wenn auch nicht als Patentrezept, dann wenigstens als Anregung aus der Praxis zur Herstellung von Limonade dienen …
Seit über 20 Jahre importieren wir Essenzen aus aller Welt nach Deutschland. Wer schon einmal etwas von außerhalb der EU bestellt hat, ist wahrscheinlich auch in den Genuss der deutschen Bürokratie gekommen, wenn es um die Einfuhr von Waren geht. Alles muss seine Ordnung haben, was ja soweit nachvollziehbar und richtig ist. Jedoch ist die Definition von „Ordnung“ in deutschen Behörden so bis ins letzte Detail festgelegt, dass es alleine schon für graue Haare sorgt, wenn man versucht, zu verstehen, was man alles beachten muss. Ganz zu schweigen von der Umsetzung.
Was es für uns noch ein wenig komplizierter macht ist die Tatsache, dass Blütenessenzen sich nicht so einfach in die üblichen Kategorien einsortieren lassen. Es wäre einfacher, wenn wir beispielsweise Schuhe importieren würden – da versteht jeder Beamte was gemeint ist. Bei Schwingungsessenzen ist das etwas schwieriger. In der Vergangenheit mussten wir uns mit Behörden über die Einordnung von Essenzen als Arzneimittel oder Lebensmittel auseinandersetzen, was glücklicherweise – und meiner Meinung auch innerhalb der möglichen Optionen korrekterweise – zugunsten der Lebensmittel ausgegangen ist.
Anforderungen, Gebote und Verbote
Jedoch bringt auch die Kategorisierung als Lebensmittel eine Fülle an Anforderungen, Geboten und Verboten mit sich, die es alle zu kennen und zu beachten gilt. Schließlich will man ja im Rahmen der Gesetze und möglichst unbehelligt von Behörden seinem Geschäft nachgehen.
Jüngst hat der Zoll im Rahmen einer Stichprobe eine Lieferung für uns festgehalten. Da Blütenessenzen für die Zöllner, wie bereits geschrieben, in der Regel nichts Greifbares sind, haben sie die zuständigen Lebensmittelbehörden um eine Stellungnahme gebeten, was zu einem lebhaften Schriftwechsel zwischen uns und dem Amt geführt hat. Letztlich hat sich das Amt auf den Standpunkt gestellt, dass die Essenzen so in Deutschland nicht verkauft werden dürfen, weil die Beschriftung nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht.
Es mag Menschen geben, die frei nach Reinhard Mey „auf den Dienstwegen schon so gut wie zu Haus“ sind – für mich gilt das nicht. Zusätzlich befällt mich beim Umgang mit allem, was irgendwie mit „Obrigkeit“ zu tun hat, ein archaisches, ungutes Gefühl, für das es keine Erklärung gibt, außer man bemüht eventuell frühere Leben oder systemische Verstrickungen. Aber das steht auf einem anderen Blatt.
So sitze ich also da, mit den Zitronen, die das Leben mir gegeben hat und stehe vor der Entscheidung, wie ich damit umgehe. Optionen gäbe es viele: Ich könnte am Boden zerstört sein, oder wütend auf die Beamten oder den Staat als Ganzes. Ich könnte mich als Opfer von Willkür fühlen oder die astrologischen Konstellationen für die Misere verantwortlich machen.
… und es hat Klick gemacht
Mir wird nachgesagt, dass ich ein zwanghafter Optimist bin, deshalb ist Verzweiflung keine Option. Auch Opferhaltung und Wut auf die Beamten, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten wahrscheinlich auch nur das tun, was sie für richtig halten, scheiden aus. Ich muss in Ruhe nachdenken, was zu tun ist und in der Sauna klappt das für mich besonders gut. Also ab ins Warme …
Bei wohligen Temperaturen macht es dann „Klick“ in meinem Kopf. Wenn mir das Leben schon diese Herausforderung präsentiert, dann ist vielleicht jetzt der richtige Zeitpunkt, um den Stier bei den Hörnern zu packen und das Thema mit den Behörden ein für alle Mal zu klären. So gesehen, ist die aktuelle Situation kein „Problem“ sondern eher eine Chance, um in Zukunft dafür zu sorgen, dass keine weiteren Reibungsverluste bei der Einfuhr der Essenzen entstehen.
Was brauche ich dafür? Auf jeden Fall mal die Beratung durch einen Anwalt. Vielleicht übernimmt die Rechtssschutzversicherung ja sogar einen Teil der Kosten. Bei einer Recherche im Internet führt mich mein Bauchgefühl zu einer Kanzlei in Frankfurt (da kann ich notfalls schnell mal hinfahren), die seit 25 Jahren Erfahrung mit genau den Themen hat, die mich beschäftigen, und zwar ausdrücklich auch im Bereich von Produkten, die sich außerhalb des „Normalen“ bewegen.
Eine perfekte Schablone
Beim weiteren Nachdenken bemerke ich dass die Zitronen, die ich überreicht bekommen habe, nahezu perfekt dafür sind, die Lösung meines tiefer liegenden Problems zu sein, nämlich des ungeklärten Status der Essenzen und ihrer Beschriftung: Die Sendung, die gerade feststeckt ist eher klein. Wenn also wirklich etwas schief geht, ist das zwar ärgerlich, aber nicht bedrohlich. Gleichzeitig enthält die Sendung neben Essenzen auch kosmetische Produkte, bei denen es ähnliche Anforderungen wie bei den Lebensmitteln gibt. Viele Aspekte machen die aktuelle Herausforderung zur perfekten Schablone für eine langfristige Lösung und mein Bauchgefühl sagt mir, dass ich mit dieser Sichtweise und mit der entsprechenden Herangehensweise genau auf dem richtigen Pfad bin.
Zu dem Zeitpunkt, an dem ich diese Kolumne schreibe, ist die Limonade noch nicht fertig, aber die Zutaten und Werkzeuge sind parat. Als der zwanghafte Optimist, der ich wie bereits gesagt bin, habe ich keinen Zweifel daran, dass die Zubereitung gelingen und die Limonade munden wird. Und trotz des ziemlich üblen Bauchgrimmens, das mir die Situation und zum guten Teil auch die Ungewissheit des Schwebezustands bereitet, in dem ich mich gerade befinde, bin ich recht zufrieden mit mir, dass es mir gelungen ist, meine Perspektive so zu verändern, dass aus einem Problem eine Chance geworden ist.
Balancer und Ox-eye Daisy
An dieser Stelle möchte ich zwei Essenzen besonders empfehlen, die mir dabei geholfen haben. Zum einen mein alter Freund Balancer von den Pazifik Essenzen, der meiner Meinung nach immer noch die beste Notfallmischung ist. Mit ihm konnte ich Bauchgrimmen, Nervosität, Anspannung und auch die kurzen Phasen von Angst und Verzweiflung gut in Schach halten. Die Zweite Essenz ist Ox-eye Daisy, ebenfalls von Sabina Pettitt, die mir dabei geholfen hat, im übertragenen Sinne einen Schritt zurückzutreten und das große Bild statt der vielen Details zu erkennen. Das ist der Grund warum letztere auch unsere aktuelle Essenz des Monats geworden ist.
Um auf den Beginn der Kolumne zurückzukommen: Es ist nichts Schlechtes daran, wenn man in den sozialen Medien Sprüche postet, die sich gut und wahr anfühlen. Richtig gut wird es jedoch erst, wenn wir uns die Mühe machen, diese auch umzusetzen. Das gelingt bei weitem nicht immer und mit allem, aber wenn wir es ernsthaft versuchen und die Hilfsmittel nutzen, die wir dafür in unserem Werkzeugkasten haben (Wink mit dem Zaunpfahl: Essenzen eignen sich hervorragen dafür!) dann kann es nur gut werden. Schritt für Schritt und Stück für Stück.
Liebe Grüße aus Aschaffenburg
Carsten Sann
Der Essenzenladen