Gibt es einen Weg zurück in die Normalität vor Corona? Nein, das halte ich für völlig ausgeschlossen. Aber das ist überhaupt nichts Negatives. Und das meine ich vor allem auf persönlicher Ebene.
Die aktuelle Situation ist für mich schier unerträglich. Wenn ich meine energetischen Fühler ausstrecke, finde ich Unmengen von Angst und Misstrauen, oft auf der bewussten Ebene, aber so gut wie immer zumindest auf unbewusster Ebene. Die dramatische Berichterstattung in den Medien hat gründlich gewirkt – die aktuelle Normalität besteht darin, dass fast alle unbewusst abgespeichert haben, dass der Kontakt mit anderen Menschen gefährlich ist. Fast automatisch geht man sich in weitem Bogen aus dem Weg, wenn man sich begegnet. Gespräche auf der Straße finden wie selbstverständlich mit einem Abstand statt, der weitaus größer ist als das, was man bisher als „persönliche Zone“ – etwa ein Meter – definiert hat. Die Anpassungsfähigkeit der Menschen an die äußeren Gegebenheiten ist phänomenal erschreckend (oder erschreckend phänomenal). Aber das ist ja wohl auch der Grund dafür, warum es unsere Spezies geschafft hat, sich so weit zu entwickeln.
Ich hoffe sehr, dass sich diese neue gesellschaftliche „Normalität“ über die Zeit wieder dahingehend verändert, dass man Fremde wieder ohne Nachfrage mit Handschlag und Freunde selbstverständlich mit einer Umarmung begrüßen kann. Ich wünsche mir von Herzen, dass all die Kinder, die in den letzten Monaten „gelernt“ haben, dass körperliche Nähe Gefahr bedeutet, diese Erfahrung schnellstmöglich überwinden können, um wieder zu einem gesunden Umgang miteinander zu finden. Und ich hoffe, dass der gesunde Menschenverstand wieder die Oberhand über Angst und Panik gewinnt. Aber das ist heute eigentlich gar nicht mein Thema …
Meine persönliche Normalität würde, selbst wenn morgen mit einem Schlag alle immer noch vorhandenen Einschränkungen aufgehoben würden, dennoch deutlich anders aussehen als vor Corona. Die von extern verordnete „Auszeit“ hat bei mir, und ich denke auch bei den meisten anderen Menschen, einen Prozess in Gang gebracht, in dessen Verlauf der bisherige Alltag auf den Prüfstand gestellt wird. Will ich das wirklich? Macht mir das Freude? Ist das gut für mich?
Es gibt das Sinnbild vom Frosch und dem Wasser: Wirft man einen Frosch in kochendes Wasser, springt er sofort heraus. Setzt man ihn hingegen in einen Topf mit kaltem Wasser, das man langsam zum Kochen bringt, versucht er nicht, zu flüchten, weil er die Temperaturveränderung kaum spürt. Bis es zu spät und der Frosch tot ist. Auch wenn dieses Bild nicht der Realität entspricht – der Frosch würde selbstverständlich aus dem Wasser springen, wenn es ihm zu heiß wird – symbolisiert es dennoch, wie sich unser Leben verselbständigt, wenn wir nicht täglich bewusst wählen. Ständig ändern sich die Umstände und man geht hier einen kleinen Kompromiss ein oder lädt sich dort noch ein klein bisschen mehr auf, bis man irgendwann an den Punkt kommt, an dem sich das alles so aufsummiert, dass man sich erstaunt selbst fragt: „Wie bin ich in diese Situation gekommen?“
Einer der großen Nutzen der Krise ist, dass wir durch sie alle nicht nur die Gelegenheit, sondern sogar die dringende Aufforderung erhalten haben, unser Leben auf den Prüfstand zu stellen. Die meisten von uns wurden schlagartig aus ihrem Alltag gerissen und viele Dinge, die bis dahin selbstverständlich waren, wurden unterbrochen. Dadurch haben wir auch die Chance erhalten, viel mehr zu „sein“ und viel weniger zu „tun“. Wie hat sich das für Sie angefühlt? Wie würde es sich anfühlen, wenn Sie auf einmal wieder genau da weitermachen würden, wo Sie Mitte März aufgehört haben?
Ich werden in Zukunft sicher nicht auf einmal stundenlang still dasitzen und meditieren, da bin ich einfach nicht der Typ dafür. Aber was ich mit Sicherheit tun werde ist, genau zu prüfen, welche Verpflichtungen ich eingehe und wie ich meine Zeit investiere. Ich werde noch sorgfältiger auf meine innere Stimme hören und Dinge, die sich nicht richtig anfühlen ändern oder sein lassen.
Wie geht es Ihnen? Was in Ihrem Leben haben Sie vermisst, als sie es plötzlich nicht mehr tun konnten? Was haben Sie gar nicht vermisst? Und wie würde es sich anfühlen, es dennoch wieder zu tun? Für mich persönlich ist gerade eine Zeit der großen Selektion: Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen … und das stellt mich durchaus vor große Herausforderungen.
Veränderung ist nicht immer leicht, besonders wenn man Dinge nicht länger tun möchte, die man anderen zuliebe getan hat. Irgendwie fühlt es sich so an, als würde man den oder die anderen im Stich lassen. Andererseits: Wer bin ich zu entscheiden, dass das, was ich für die anderen getan haben, das Beste für sie war? Vielleicht schafft mein Rückzug gerade den Raum für etwas Neues, was für die anderen noch viel besser ist? Alles, was mir bleibt, ist auf meine innere Stimme und meine innere Wahrheit zu hören und entsprechend zu handeln. Essenzen, die uns dabei helfen können beschreibt Judith Poelarends in ihrem aktuellen Artikel „Essenzen für Klarheit und inneres Wissen„. Und natürlich ist unsere im letzten Newsletter vorgestellte Essenz „Neustart – Re-launch of Reality“ immer noch brandaktuell.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie in diesen immer noch ziemlich anstrengenden Zeiten bestmöglich bei sich selbst bleiben können und die Krise, ebenso wie ich, auch als Chance begreifen – eine Chance, Altes loszulassen und Neues zu beginnen.
Liebe Grüße aus Aschaffenburg
Carsten Sann
Der Essenzenladen
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