Carsten Sann

Zu guter Letzt … (Juni 2015)

Die moderne Technik ist inzwischen allgegenwärtig. Unsere Smartphones und Tablets sind unser wichtigstes Kommunikationsmittel, steuern die Farbstimmung unserer Lampen und reden mit unseren Uhren. Alles, was sich nicht wehrt, wird mit allem vernetzt – Informationen stehen jederzeit im Übermaß zur Verfügung. Und es gibt viele Menschen, denen das Angst macht. Ich jedoch, genieße die Vernetzung – ganz bewusst und mit klarem Blick. In diesem „Zu guter Letzt“ möchte ich Ihnen erzählen, warum.

In allen Zeiten ist es so gewesen, dass Menschen Angst hatten, wenn eine neue Technologie wie ein Tsunami die Welt verändert hat. Es gibt eine Geschichte aus der Zeit der ersten Eisenbahnen (ca. 1835), dass das „Bayrische Obermedizinalkollegium vor einer Gehirnkrankheit warnte, die sowohl bei den Reisenden, als auch bei den Betrachtern des fahrenden Zuges aufgrund der hohen Geschwindigkeit auftreten sollte.“ Bis dahin konnte man sich nicht vorstellen, dauerhaft mit der „atemberaubenden“ Geschwindkeit von mehr als 30 km/h zu reisen. Nun, die Erfahrung hat gezeigt, dass der Mensch mit hohen Geschwindigkeiten in der Regel keine Probleme hat :-)

Als das Telefon sich verbreitete, war es für die Menschen eine große Herausforderung sich vorzustellen, dass man miteinander sprechen kann, ohne sich dabei zu sehen. Wahrscheinlich gab es genügend Kritiker, die angemerkt haben, dass ein wesentlicher Teil der Kommunikation, nämlich Mimik und Gestik, dabei verloren gingen. Skype und Facetime haben in der Zwischenzeit zwar dafür gesorgt, dass in der Telekommunikation auch Mimik und Gestik wieder ihren Platz haben, dafür gibt es reihenweise neue Bedenken in Bezug auf das Internet und die um sich greifende Vernetzung.

Haben Sie sich jedoch schon einmal Gedanken über die gesellschaftlichen und spirituellen Aspekte eben dieser Vernetzung gemacht? Ich möchte einige Beispiele nennen, die mir in den letzten Monaten durch den Kopf gegangen sind. Vorweg muss ich jedoch noch denjenigen, die sagen werden „Das ist schon richtig, aber das kann man ja auch alles missbrauchen!“ den Wind aus den Segeln nehmen: Ich bin mir bewusst, dass man die Möglichkeiten einer vernetzten Welt missbrauchen kann und ich weiß, dass das auch tatsächlich getan wird. Das ist jedoch nichts, was auf die „virtuelle Welt“ beschränkt ist. Auch das Telefon kann man missbrauchen (z.B. durch unerwünschte Werbeanrufe, anonyme Drohanrufe etc.). Zeitungen kann man missbrauchen, indem man falsche Meldungen abdruckt. Jedes Ding auf der Welt – auch ein simpler Stein – kann zum Nutzen der Menschen verwendet werden, oder aber auch zu ihrem Schaden. Das Ding selbst ist dabei neutral. Es kommt immer nur darauf an, was wir damit machen und wie bewusst wir es verwenden. In meinen Beispielen gehe ich leicht idealisierend davon aus, dass die Möglichkeiten der Technologie bewusst, verantwortungsvoll und ehrlich verwendet werden.

Nun also mein erstes Beispiel. Kennen Sie Yelp? Das ist eine Internetseite, auf der man Bewertungen und Erfahrungsberichte zu allen Arten von Geschäften, Restaurants, Freizeitmöglichkeiten etc. abgeben kann. Wenn man in einer fremden Stadt ist, ist das eine tolle Möglichkeit, beispielsweise ein Restaurant für das Abendessen zu finden. Und die Berichte und Bewertungen anderer Gäste können dabei helfen, eine gute Entscheidung zu treffen. Yelp weiß (über das Smartphone) wo ich gerade bin und schlägt mir Restaurants in meiner Nähe vor. Ich kann filtern, ob ich heute italienisch oder doch lieber indisch essen will und Öffnungszeiten und die Entfernung zum Ziel liefert mir Yelp gleich mit. Ich selbst habe vor nicht allzu langer Zeit damit begonnen, auch Erfahrungsberichte zu schreiben. Was für ein toller Dienst an der Gemeinschaft, wenn man ehrlich sagt, wie man ein Restaurant oder ein Geschäft fand. Eine echte Bereicherung.

Zweites Beispiel: Blogs und unabhängige Nachrichten. Es ist heute einfacher als jemals zuvor, Texte und Bilder zu veröffentlichen und ein Milliardenpublikum zu erreichen. Natürlich wird auch viel Mist geschrieben, aber Beiträge wie der, den Sie gerade lesen, wären undenkbar, wenn es die Vernetzung und das Internet nicht gäbe. Die Konsequenz ist, dass es, heute unmöglich geworden ist, Informationen zu unterdrücken oder Kommunikation zu verhindern. Selbst in Staaten, die mit totalitären Methoden versuchen den Zugang zum freien Internet zu unterbinden, wie beispielsweise China oder leider auch die Türkei, gibt es genügend Schlupflöcher, um die zensierten Informationen dennoch abzurufen. Auch die Veröffentlichung von Bildern und Nachrichten sowie die Koordination von Aktionen über das Internet ist nicht zu unterbinden, wie das Beispiel der Revolution in Ägypten gezeigt hat. Das Internet ist für mich daher eine Technologie, die einen der Grundpfeiler der neuen Energie – Ehrlichkeit und Integrität – in einem bisher ungekannten Maß ermöglicht.

Letztes Beispiel: Einkaufszettel. Seit kurzem verwenden meine Frau und ich eine Smartphone App, die unsere Einkaufszettel verwaltet. Der Clou: Die darauf befindlichen Dinge synchronisieren sich automatisch über unsere Handys, so dass jeder immer alle Einkaufszettel dabei hat und man jederzeit Dinge ergänzen kann. Keine Gefahr mehr, dass man losfährt und den Zettel zuhause liegen lässt.

Vor meinem inneren Ohr höre ich jetzt zwei Gruppen von Kritikern: Die einen sagen: Das ist doch Schnickschnack – Papierzettel funktionieren genauso und die App braucht kein Mensch. Das ist zweifellos richtig. Übrigens kann man auch Briefe schreiben, so dass E-Mails letztlich völlig nutzlos sind und – um es auf die Spitze zu treiben: Man kann auch von Hamburg nach München laufen. Daher sind auch Autos, Züge und Flugzeuge Schnickschnack. Mein Punkt ist, dass man viele Dinge gut auch auf manuellere Art erledigen kann, die Technik vereinfacht sie jedoch oft.

Die zweite Gruppe der Kritiker wird sagen: Wenn die Einkaufszettel synchronisiert werden, bedeutet dass, dass der Hersteller der App (oder der Provider oder der BND oder die NSA oder …) meinen Einkaufszettel lesen können und genau wissen, was ich esse. Auch hier muss ich sagen: Das ist zweifellos richtig. Die Frage für mich ist nur, ob ich damit leben kann oder nicht. In diesem Beispiel kann ich das mit einem klaren Ja beantworten.

Sie haben es gemerkt: Ich bin technikaffin und ein Freund des Internets ;-) Gleichzeitig ist es wichtig, bei aller Euphorie über die neuen Möglichkeiten, weiterhin den gesunden Menschenverstand zu nutzen. Wenn ich das Internet verwende, um Informationen auszutauschen, dann ist die Vertraulichkeit potenziell nicht gegeben (Gleiches gilt übrigens auch für Telefon, Briefe, Faxe etc.) Wenn ich also jemandem etwas sagen möchte, das wirklich persönlich ist, dann ist die einzige „sichere“ Methode, dies unter vier Augen zu tun. Alle Informationen, die mir wehtun würden, sollten sie von unbeteiligten Dritten gesehen werden, haben auf Facebook, Twitter, Instagram und Konsorten nichts zu suchen – egal wie die Einstellungen in Bezug auf meine Privatsphäre dort sind.

Bestes (Negativ-) Beispiel  dafür ist „The Fappening“. Erinnern Sie sich noch an das Jahr 2014, in dem tonnenweise Nacktfotos von Prominenten im Internet die Runde machten? Die Promis hatten die Fotos in der iCloud gespeichert, und waren davon ausgegangen, dass sie vor unbefugten Zugriffen sicher sind. Leider hatten sie es versäumt, wirklich sichere Passwörter zu verwenden, so dass ihre Zugangsdaten gehackt wurden und die Bilder an die Öffentlichkeit gelangt sind. Es ist zweifellos kriminell, fremde Accounts zu hacken und moralisch nicht entschuldbar die so erbeuteten Bilder zu veröffentlichen. Möglich wurde das Ganze jedoch nur durch den nachlässigen Umgang der Betroffenen mit der (moralisch neutralen) Technologie.

Es ist meine Überzeugung, dass es jedes Mal, wenn eine neue Technologie die Welt revolutioniert, eine ganze Weile dauert, bis deren Chancen und Risiken Einzug in die gesellschaftlichen Vorstellungen von Ethik und Moral gefunden haben. Daher wird es auch bei den Themen Privatsphäre, Nachverfolgbarkeit und „gläserner Mensch“, die zu den hauptsächlichen Kritikpunkten an der Vernetzung gehören, letztlich einen gesellschaftlichen Konsens dazu geben, was akzeptabel ist und was nicht. Und ich glaube, dass es gar nicht mehr so lange dauert, bis das soweit ist.

Ich für meinen Teil nutze das Internet heute für nichts, was mir wirklich weh tun würde, wenn Geheimdienste, Hacker oder neugierige Mitarbeiter von Internetfirmen es in die Hände bekämen. Wo man die eigene Schmerzgrenze zieht, ist dabei eine sehr individuelle Angelegenheit – und etwas, über das man sich ernsthaft Gedanken machen sollte, wenn man die neuen Technologien nutzt. Und mit dieser Einstellung und innerhalb dieser Grenzen ist es mir jedes Mal eine Freude, wenn ich einen Aspekt der Vernetzung neu entdecke, der mir mein Leben ein klein wenig leichter, angenehmer, freudiger, kommunikativer und spielerischer macht.

Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Sommer – sowohl in der virtuellen als auch in der realen Welt!

Liebe Grüße aus Aschaffenburg
Carsten Sann
Der Essenzenladen

Carsten Sann

Carsten Sann ist Gründer und zusammen mit seiner Frau Inhaber des Essenzenladens. Er hat sich in seinem Leben schon mit einer Reihe unterschiedlichster Professionen beschäftigt und war unter anderem Tanzlehrer, IT Spezialist und Kinesiologe. Er beschäftigt sich seit 20 Jahren intensiv mit Blütenessenzen aus aller Welt. Er ist deutscher Distributor und Lehrer für viele der bekanntesten Essenzenhersteller und spricht in seinem Essenzenpodcast über sein Lieblingsthema: Die Anwendung von Blütenessenzen

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